Präsentation

Beschränkte Jugend!? Jugendliche Lebenslagen, Bedürfnisse und Perspektiven in Krisenzeiten

Die ehemalige Streetworkerin, Veronika Kuran sagte 2013: „Jugendliche brauchen mutige Erwachsene, die bereit sind, sich wirklich einzulassen und die ihren Übermut und Lebenshunger aushalten. Sie brauchen Erwachsene, die bereit sind, zur Verfügung zu stehen und Orientierung zu geben. Erwachsene, die bereit sind Antworten zu versuchen auf die vielen Fragen und auf alles, was nicht ausgesprochen werden kann, weil die Worte noch fehlen. Sie brauchen Zugehörigkeit und Teilhabe, sie brauchen Räume zur Begegnung und zum Üben, sie brauchen Schutz und Sicherheit und Möglichkeiten sich zu probieren, ohne sich zu verletzen. Und sie brauchen unsere Zeit, unsere Geduld und unser Vertrauen.“

Jene unterstützende Erwachsene trafen sich am 23. März 2021 zur online Tagung „Beschränkte Jugend!? Jugendliche Lebenslagen, Bedürfnisse und Perspektiven in Krisenzeiten“. Seit 20 Jahren wird die Fachtagung  vom Institut Suchtprävention der pro mente OÖ und vom Verein ISI veranstaltet und sie wurde heuer von 400 Personen, die beruflich im Bereich Jugend tätig sind, besucht.

Vier Expert.innen beleuchteten Themen rund um die Jugend und Corona-Krise aus Sicht der Jugendforschung, der Jugendpsychiatrie und der offenen Jugendarbeit. Zwischen den Beiträgen gab es für die Teilnehmer.innen die Möglichkeit sich in Breakout-Sessions in Kleingruppen über das Gehörte auszutauschen.

Mathias Rohrer vom Institut für Jugendkulturforschung und Kulturvermittlung sprach über „Generation Corona? Was die Jugend aktuell belastet und wie die Krise eine ganze Generation prägen wird!“ Herr Rohrer präsentierte aktuelle Studienergebnisse, die zeigen, dass sich trotz einer immer noch hohen Lebenszufriedenheit, die Zukunftsperspektiven junger Menschen durch die psychische Belastung der Corona-Krise stark verändert haben. 69 % der jungen Menschen glauben nicht mehr daran, es im Leben einmal besser zu haben als ihre Eltern. Junge Menschen haben weiterhin ein starkes Bedürfnis nach Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstständigkeit in der Freizeit; die Krise macht aber den Wunsch nach Sicherheit und Stabilität in Familie, Beruf und Ausbildung deutlich sichtbar. Besonders ausgeprägt sind die Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes, vor einer Wirtschaftskrise und vor Verzögerung und Entwertung ihrer Bildungsabschlüsse.

In seinem Vortrag referierte Univ.-Prof. Dr. Paul Plener aus Sicht der Jugendpsychiatrie über „Jugend und Corona: Krise und Entwicklung“. Die Corona Pandemie und die damit verbundenen Veränderungen in den Lebenswelten der jungen Menschen sind starke Stressoren und erhöhen die psychischen Belastungen. Die Häufigkeit von depressiven Symptomen, Suizidgedanken und Angststörungen hat sich im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten deutlich erhöht. Zudem sei ein Anstieg an häuslicher Gewalt zu verzeichnen. Der Jugendpsychiater sieht aber auch das Potenzial vieler junger Menschen zur positiven Bewältigung der Krise, der innerfamiliäre Zusammenhalt wächst und der Stellenwert der Schule als ein positiver Sozialisationsort wird erkannt. Jugendliche entwickeln adäquate Krisenbewältigungsstrategien: sie erlernen alternative Arbeits- und Kommunikationsformen,  bewegen sie sich vermehrt an der frischen Luft und werden erfinderischer in der Freizeitgestaltung.

Mag. Stefan Leyerer stellte den Workshop „FAKE off – Nachdenken über Wahrheit, Wahrnehmung, Wissen und Medien“ vor. Dieses niedrigschwellige und akzeptanzorientierte Bildungsangebot widmet sich dem kritischen Umgang mit Informationen und (Falsch-) Meldungen auf Social Media Plattformen. Der Streetworker sprach über die Wichtigkeit einer offenen und konstruktiven Gesprächshaltung. Ziel des Projekts ist die Unterstützung junger Menschen bei der Entwicklung von psychosozialen Kompetenzen wie kritisches Denken und Selbstreflexionsfähigkeit. 

Der Abschlussbeitrag kam von Mag.a Katharina Röggla „Corona hat mein Hirn gef***t! Plädoyer für einen lebensweltorientierten Umgang mit Corona in der offenen Kinder- und Jugendarbeit“. Mag.a Röggla tritt für eine lebensweltorientierte Fachlichkeit im Umgang mit jugendlichem Risikoverhalten auch zu Pandemiezeiten ein. Es ist wichtig, an den Grundprinzipien (akzeptierende Haltung, Lebenswelt- und Ressourcenorientierung) der mobilen Jugendarbeit festzuhalten, auf bewährte Zugänge und Methoden zu setzen und die Risikokompetenzen der jugendlichen Zielgruppen zu stärken.