Präsentation

„AusBildung bis 18 finde ich fantastisch!“

Vom Schulabbrecher zum erfolgreichen Unternehmer: Ali Mahlodji ist mit zweieinhalb Jahren als Flüchtling nach Österreich gekommen und trotz vieler Widrigkeiten seinen eigenen Weg gegangen. Uns hat er seine Geschichte erzählt und uns viele Tipps für Jugendliche gegeben, denen die Orientierung (noch) fehlt.

Ali, wie wichtig ist Lernen?

Ich persönlich würde diese Frage umformulieren, und zwar in: Wie wichtig ist es, diese Welt in vollen Zügen zu erleben? Ich halte nichts davon, dass man das Lernen aufgezwungen bekommt. Dem Lernen gehen die Neugierde und die Lust dazu voran, das soll man auch zulassen. Man muss Fehler machen und entdecken, was einem liegt, man soll experimentieren und bewusst wahrnehmen. Das ist die Essenz des Lebens. Schließlich ist das Leben kurz, deshalb ist es wichtig, selbstbestimmt Erfahrungen zu sammeln und nicht vorgeschrieben zu bekommen, was einen zu interessieren hat.

Und wie wichtig ist es zu lernen, dass man auch mal Scheitern kann?

Man kann nur lernen, indem man auch einmal scheitert. Das ist untrennbar miteinander verbunden. Am besten sieht man das an neugeborenen Kindern. Man wird als Mensch geboren, man lernt zu gehen, man lernt eine Muttersprache. Und das nicht von Anfang an perfekt. Jedes Kind hat von Natur aus die Fähigkeit in sich, durch Beobachtung, das Trial-and-Error-Prinzip und Neugierde etwas zu erlernen. Man darf Kindern also nicht die Lust am Lernen nehmen, in dem man sie unter Druck setzt. Wir Erwachsenen glauben, dass Scheitern etwas Schlechtes ist. Das ist es nicht. Scheitern ist Lernen. Es ist ein integraler Bestandteil des Lebens.

Wer oder was hat dich motiviert, deinen Weg zu gehen?

Menschen sind keine Maschinen. Es ist wichtig, den eigenen Weg zu gehen, das eigene Tempo zu finden und nicht irgendwelche Erwartungen zu erfüllen. Ich habe in meiner Schulzeit irgendwann gemerkt, dass ich viele Dinge getan habe, die für mich keinen Sinn ergeben haben. Und das nicht, um mich, sondern um jemand anderen stolz zu machen. Deshalb wurde ich in der Schule nachlässig. Meine Mama hat deshalb oft mit mir geschimpft, aber sie hat mir auch immer gesagt, dass ich meinen Weg schon gehen werde. Ich glaube, das war die wichtigste Lektion meines Lebens. Dass ich alles schaffen kann, wenn ich es nur will. Dieses Grundvertrauen hat mich sehr geprägt. Auf einen Schlag hat mich Bildung und Schule plötzlich interessiert.

Wie wichtig ist eine gute (Aus)Bildung und was hältst du von der Initiative AusBildung bis 18?

Wir haben keine Garantie, dass gewisse Ausbildungen in 20 Jahren noch aktuell sein werden. Nichtsdestotrotz darf man nicht einfach herumsitzen und darauf warten, dass die perfekte Ausbildung einen findet. Wenn man nicht weiß, was man gerne werden möchte, ist es besser, irgendeine Ausbildung zu beginnen, als keine. Man bekommt Einblicke in die Arbeitswelt, und sollte man die begonnene Ausbildung doch nicht so toll finden, kann man immer noch entscheiden, ob man weiter machen oder sich neu orientieren möchte.

Deshalb finde ich die Initiative AusBildung bis 18 fantastisch! Jugendliche brauchen einfach Betreuung. Die Jugend ist eine kritische Phase, in der Heranwachsende besonders gefährdet sind, in ein Loch hineinzufallen. Wenn man sie dort nicht abholt, sind sie als Erwachsene verloren. Deshalb benötigt es Begleitung, um diese Jugendlichen fit für die Zukunft zu machen.

Was ist für einen Jugendlichen heute die größte Hürde auf dem Weg zu einem guten Job?

Jugendliche müssen verstehen, dass sie für sich selbst verantwortlich sind. Es sind nicht die Eltern oder die Lehrer, die damit klar kommen müssen, wenn man selbst arbeitslos ist. Viele Jugendliche argumentieren auch mit der klassischen Ausrede, dass es den perfekten Job für sie nicht gibt. Das mag schon sein. Vielleicht gibt es den gerade zu diesem Zeitpunkt auch wirklich nicht. Manche Jugendliche sind wählerisch, sie wollen einen Job, der möglichst cool ist. Sie verstehen nicht, dass irgendein Einstieg in die Arbeitswelt besser ist, als gar keiner. Viele sind aber auch dankbar für jede Chance. Die sind hartnäckig, rufen bei Bewerbungsabsagen in den jeweiligen Firmen an, bitten um Feedback und arbeiten das dann gleich in die nächsten Bewerbungen ein. Und dann gibt es die, die überhaupt keinen Bock haben und sich überhaupt nicht bewerben. Das tun sie, weil sie glauben, dass sie nicht für sich selbst verantwortlich sind. Sobald man ihnen das aber klar macht, bekommen sie schnell Panik. Auf einmal fangen sie an, über sich selbst nachzudenken und kommen ins Tun.

Hast du Tipps für jene, denen der Plan für die Zukunft komplett fehlt?

Schau dich in deinem Freundeskreis um, ob es Menschen gibt, die dir Energie rauben. Das eigene Umfeld zieht einen oft runter. Umgib dich also nur mit Menschen, die das Beste für dich wollen.

Hab Selbstvertrauen und suche dir einen Job, der dir hilft, in die Arbeitswelt einzusteigen! Ich persönlich habe schon tausend Jobs gemacht. Ich habe einmal im Sommer zwei Monate lang nur Weihnachtskugeln in Kartons verpackt. Zuerst dachte ich, das ist ein blöder Job und wollte schon fast absagen. Aber ich habe dort einiges über die Logistikbranche gelernt und gemerkt, wie riesig dieses Business eigentlich ist. Aufgrund dieses Jobs wusste ich: Ich will einmal Unternehmer werden.Gib dir selbst die Chance, Arbeitserfahrung zu sammeln, die dir – wenn sie auch nichts anderes tut – Orientierung gibt. Du lernst schnell, was dir Spaß macht, was dich durchatmen lässt. Durch die Summe dieser Erfahrungen bekommst du ein klareres Bild von deinem Traumjob.

Orientierungslosigkeit ist bei den meisten ganz normal. Es gibt den perfekten Job für dich. Vielleicht kennst du ihn nur noch nicht.

 

Ali Mahlodji ist am 27. August 1981 in Teheran geboren. Seine Eltern waren beide Akademiker und hatten hochrangige Jobs. Als im Iran ein politischer Umbruch erfolgte, musste die Familie fliehen. Ali war damals zweieinhalb Jahre alt. Er wuchs in Österreich auf. Seine Ausbildung hat Ali vor der Matura abgebrochen, später hat er dann die Abendschule einer HTL für Software-Entwicklung besucht. Später schloss er einen Bachelor-Studiengang an einer Fachhochschule ab.

Seit 2012 ist Ali Geschäftsführer bei der Plattform Whatchado, wo mittlerweile über 6500 Videos online gestellt wurden und über 40 Menschen aus 15 Nationen arbeiten. Seit 2017 ist er Buchautor. Er ist außerdem Europäischer Jugendbotschafter und auf zahlreichen Bildungskongressen und anderen Veranstaltungen vertreten.